2010/07/30

Morgendämmerung

Im Leben gibt es Dinge, zwischen denen man sich zum Glück nicht entscheiden muss und oftmals auch nicht entscheiden kann. Beides hat man gerne, beides hat so seine Vorteile – um die Nachteile diesmal ganz außer Acht zu lassen –, und beides ist einem womöglich ans Herz gewachsen.

Während ich heute in der Früh noch ein bisschen im Bett gelegen bin, kurz bevor ich dann aufstehen musste, habe ich genau über das sinniert. Und zwar im Zusammenhang mit der Morgendämmerung und dem Sonnenuntergang. Ich finde – vorausgesetzt das Wetter, die Stimmung und der Ort passen – beide auf ihre Art wunderschön. Zum Glück muss man sich zwischen diesen beiden auch nicht entscheiden, denn Tag für Tag lassen sich beide ausgiebig genießen, insbesondere natürlich, wenn man gerade in Urlaub ist. Und wahrscheinlich hat mich heute gerade der anstehende Urlaub auf diese Gedanken gebracht.

Wenn ich mich aus irgendeinem Grund doch für eines von beiden entscheiden müsste, dann wäre es mit Sicherheit die Morgendämmerung. Der Sonnenuntergang ist samt Abendröte natürlich viel romantischer – und deshalb unter Umständen auch kitschiger –, aber irgendwie fasziniert mich der Anbeginn eines Tages mehr. Wenn zum Beispiel im Urlaub das Meer nicht mehr nur hörbar ist, sondern langsam aus dem Dunkel auch sichtbar wird und man seine beinahe unendlichen Weiten aufs Neue erfährt. Wenn man beobachten kann, wie aus den ein-zwei Leuten auf den Straßen immer mehr und mehr werden, die entschlossen ein anvisiertes Ziel ansteuern. Wenn die Vögel in den Bäumen zu zwitschern anfangen und und und.

Die Morgendämmerung hat etwas von Aufbruchsstimmung, sie bietet neue Chancen und zeigt neue Perspektiven auf. Dagegen habe ich bei der Abenddämmerung immer den Eindruck, dass etwas vergeht, dass ein weiterer Tag vorübergegangen ist, der sich so, in dieser Form niemals wiederholen wird. Insofern hat der Sonnenuntergang für mich trotz – oder gerade wegen – seiner romantischen Züge immer etwas von Melancholie und Vergänglichkeit.

2010/07/25

Homo homini lupus

Ein mulmiges Gefühl macht sich in mir breit, wenn ich seit gestern die Berichte über die Massenpanik bei der Loveparade in Duisburg und die entsprechenden Fotos und Videos sehe. Insgesamt 19 Opfer forderte dieses Musikereignis bisher – 19 Opfer, allesamt zwischen 20 und 40 Jahre alt, also genau meine Generation. Das an sich ist schon Grund genug für das mulmige Gefühl, auch wenn ich kein Anhänger dieser Musikrichtung bin.
Aber unwillkürlich flimmern beim Anblick dieser Bilder die Erinnerungen vor meinen Augen, in denen ich mich in einer ähnlichen Situation befunden habe, oder wo dies hätte auch eintreten können. Unzählige Konzerte und einige Sportereignisse fallen mir da ein, teilweise wirklich am Rand einer Massenpanik, zuletzt zum Beispiel beim Metallica-Konzert in Budapest.

Natürlich waren das alles Ereignisse mit Besucherzahlen, die weit weg sind von den gestrigen, aber ich denke, dass in diesem Fall leider nicht die Zahl der Menschen ausschlaggebend ist, sondern vielmehr der ihnen zur Verfügung stehende Platz, ihr Verhalten und eben die Auswirkung der Menschenmasse auf die Gedanken und Taten jedes Einzelnen. In solchen Fällen kann man, glaube ich, als Beteiligter nicht viel machen, schließlich kann man sich ja noch nicht einmal so bewegen, wie man möchte, man wird vom Menschenstrom förmlich mitgerissen.

Immer, wenn ich solche Bilder sehe und von solch traurigen Ereignissen höre, dann muss ich notgedrungen an zwei Sachen denken, die meiner Meinung nach irgendwo miteinander zusammenhängen: Einerseits daran, wie stark doch der Überlebensinstinkt und der Egoismus in uns Menschen – oder zumindest in den meisten von uns – verwurzelt sind. Man hört ja immer wieder, so auch jetzt, dass Menschen in solchen Situationen nur mit sich selbst beschäftigt sind und ihr eigenes Leben retten wollen. Ob dabei einer, den man nicht kennt, auf der Strecke bleibt, spielt anscheinend leider überhaupt keine Rolle. Zumindest in dem Augenblick nicht.
Zum anderen erinnern mich solche Szenarien immer wieder an die Idee der natürlichen Selektion. Daran, dass nur die Starken, nur diejenigen überleben, die auf ihrem Weg nicht hinfallen. Das klingt sehr hart und morbide, könnte aber tatsächlich wahr sein. Auch, wenn beim nächsten Mal einer von uns derjenige sein könnte, der zu Boden sinkt und links liegen gelassen wird...

Solche Gedanken schießen mir seit gestern Abend durch den Kopf, auch wenn natürlich bei mir ebenfalls die Fassungslosigkeit und die Trauer über diese Katastrophe überwiegen. Und die wohl leider ziemlich unbegründete Hoffnung, dass dies die letzte Tragödie dieser Art gewesen ist.

2010/07/16

Schiff ahoi!

Ich finde es immer wieder faszinierend, wenn solche Funde gemacht werden, wie gestern wieder, diesmal in New York City. Am Ground Zero, dort, wo früher das World Trade Center stand, wurde nämlich nach Jahren des Schuttabtragens und der laufenden Erd- und Bauarbeiten das gut erhaltene Wrack eines Schiffs gefunden, das vermutlich aus dem 18. Jahrhundert stammt. Experten zufolge wurde das Wrack mit anderem Schutt einst dazu verwendet, die Insel Manhattan auszubauen, also das Meer quasi aufzufüllen. Wer die dazugehörigen Bilder noch nicht gesehen hat, der sollte sie sich im Internet ansehen, sie sind wirklich beeindruckend, wie ich finde.
Einerseits sind derart gut erhaltene Gegenstände immer ein sehr interessantes Ereignis, auch für mich, obwohl ich einerseits Laie, andererseits von der Fundstelle Tausende Kilometer entfernt bin. Andererseits kam mir nach den Berichten der komische Gedanke, dass dieser beeindruckende Fund wohl niemals ans Tageslicht gekommen wäre, wenn es die Terroranschläge vom 11. September 2001 nicht gegeben hätte. Man könnte auch überspitzt sagen, die Tragödie Tausender Menschen hat den amerikanischen Archäologen zu einem vermutlich sehr wichtigen Fund verholfen. Klingt makaber, ist aber so...

2010/07/11

Es grünt noch immer so grün, wenn Spaniens Blüten blühen

Vor fast genau zwei Jahren habe ich an dieser Stelle anlässlich des EM-Triumphes von Spanien einen Artikel veröffentlicht, den ich nun wieder gelesen habe und der erneut im Großen und Ganzen zutrifft. In einem sehr schwachen, aber typischen Finale hat sich nämlich der amtierende Europameister gegen die Niederlande heute auch die WM-Krone aufgesetzt, diesmal mit einem anderen Trainer an der Spitze, nämlich Vicente del Bosque.

Dabei hat bei dieser Weltmeisterschaft sicherlich Deutschland den attraktivsten (und auch offensivsten) Fußball gezeigt, ist aber letztlich im Semifinale am späteren Sieger gescheitert. Und für die andere Mannschaft, der ich bei großen Turnieren immer die Daumen drücke, war noch viel früher Schluss. Italien war – wie schon bei der letzten EM – erneut erschreckend schwach und musste bereits nach den Gruppenspielen die Heimreise antreten.
Vor dem heutigen Finale hätte ich auch den Niederlanden den Sieg gegönnt, da sie – ähnlich wie Spanien – noch nie Weltmeister waren und sogar zwei verlorene Endspiele auf dem Konto hatten. Auf Grund des heutigen Auftritts, der ihrerseits streckenweise eher einem Gemetzel glich, freue ich mich jedoch über den Sieg Spaniens.

Der wahre Gewinner und Star dieser WM in Südafrika ist für mich jedoch ein ganz anderer: die Krake Paul, die alle sechs Spiele der Nationalelf und auch das Endspiel richtig tippte. Ich wusste gar nicht, dass das Tier auch schon bei der EM vor zwei Jahren „befragt“ wurde, wobei es sich bei sechs Spielen jedoch noch zweimal geirrt hatte.
Pauls diesjähriger Auftritt stellt aber wahrhaftig eine unglaubliche Leistung dar, deren Untersuchung sich nun sicherlich viele Wissenschaftler widmen werden. Und das nicht nur im Land des neuen Weltmeisters!

2010/07/05

Über den Wolken

Am gestrigen Tag bot sich bei prächtigem Sonnenschein und hochsommerlichen Temperaturen endlich Gelegenheit, von einem Geschenk Gebrauch zu machen, das wir noch im August des Vorjahres anlässlich eines einzigartigen Ereignisses von einem Freund bekommen haben. Dabei handelte es sich um einen halbstündigen Spazierflug mit einem Kleinflugzeug über dem Donauknie und der ungarischen Hauptstadt.
Es war ein fabelhaftes Erlebnis, obwohl wir mit der Dame des Hauses schon in der Vergangenheit geflogen sind. So ein kleiner Flieger, in dem insgesamt vier Personen Platz haben, ist doch etwas anderes, als ein großes Passagierflugzeug. Man spürt die Bewegungen viel mehr und ist auch näher zum Boden, als während eines Langstreckenfluges. Zudem passt man gerade so hinein, sodass sogar Menschen, die nicht an Klaustrophobie leiden, ein mulmiges Gefühl dort oben bekommen, da nicht viel Material um einen herum ist.

Der Pilot war sehr offen, hat uns zahlreiche Sachen erklärt und mir oben in der Luft plötzlich die Frage gestellt, ob ich das Ding vielleicht selber fliegen möchte. Solch ein Angebot und solch eine vielleicht einzigartige Gelegenheit kann man nicht einfach so ausschlagen, und so ließ ich mir ein wenig die Sachen erklären, um dann selbst einige Male für wenige Minuten das Steuer zu übernehmen.
Das ganze ist viel schwieriger, als man denken würde. Für diejenigen, die vielleicht Flugsimulatoren vom Computer kennen, wäre es sicherlich einfacher, aber auch nicht so neu und überwältigend gewesen. Für mich war es keineswegs einfach, die Maschine halbwegs gerade zu halten, die entsprechende Richtung zu fliegen und dabei auch noch aufzupassen, dass die Nase des Fliegers weder nach oben, noch nach unten zeigt.
Alles in allem war es ein Riesenerlebnis, das ich in einigen Bildern auch fotografisch festgehalten habe. Ich muss aber gestehen, dass mir der gestrige Tag keineswegs das mulmige Gefühl genommen hat, wenn man sich in ein Flugzeug setzt. Es ist keine Angst, viel mehr ein Gefühl der Ausgeliefertheit und Verletzlichkeit, da man keinen Boden unter den Füßen spürt.