2013/04/30

Früher

Früher haben wir uns nicht getraut, Lehrer mit dem Vornamen anzureden. Auch wenn sie uns das Du angeboten haben, haben wir uns immer zweimal überlegt, wie wir sie ansprechen und sind bei der Anrede Herr Professor mit anschließendem Duzen geblieben. So handhabe ich das noch immer. Heute wird man als Lehrer sogar beim Siezen rücksichtslos mit dem Vornamen angesprochen – Stichwort Ikea-Kultur.
Früher haben wir unsere Hausaufgaben immer pünktlich abgeliefert. Und wenn mal etwas Unerwartetes dazwischen gekommen ist, haben wir zu Beginn der Stunde – oder schon vorher, unter vier Augen – dem Lehrer Bescheid gesagt und ihn um Entschuldigung gebeten. Heute bekommt man irgendwann Tage später die Hausübung nachgereicht, mit einer knappen Entschuldigung.
Früher haben wir regelmäßig am Unterricht teilgenommen, und wenn wir gefehlt haben, die Aufgaben sofort nachgeholt. Heute muss der Lehrer froh darüber sein, dass die Schüler oder Studenten überhaupt zur Stunde erscheinen.

Früher sind wir nachmittags oft an der Uni geblieben, um in kleinen Gruppen gemeinsam zu üben und zu lernen. Auch, wenn wir gute Aussichten auf Erfolg hatten. Ganz einfach, weil wir besser werden wollten und für uns selber und für das Leben gelernt haben, nicht für den Lehrer. Heute werden die Sachen oft schon vor dem offiziellen Ende der Stunde zusammengepackt. Sobald die Uhr den ersehnten Zeitpunkt anzeigt, hat der Lehrer das Gefühl, er darf nicht einmal mehr den Satz beenden.
Früher haben wir nicht im Traum daran gedacht, dem Lehrer zu widersprechen und ihn belehren zu wollen. Er war als Autoritätsperson akzeptiert. Heute muss er Angst haben, wann er angezeigt oder insultiert wird, weil er den Studenten auffordert, aufzupassen und sich nicht anderweitig zu beschäftigen.
Sicherlich gab es und gibt es auch heute Ausnahmen, aber manchmal habe ich auf Grund der persönlichen Erfahrungen und der Berichte von Freunden und Bekannten tatsächlich das Gefühl, dass sich die Welt nicht unbedingt in die richtige Richtung entwickelt.

2013/04/28

Ich geb' nicht Gummi

Wir sind ja nicht so viel mit dem Auto unterwegs. Man könnte mich ruhig als Sonntagsfahrer bezeichnen, und das würde mich nicht stören. Schließlich sind wir in der Tat meistens am Wochenende in der Stadt zu unseren Eltern unterwegs, daneben hin und wieder zum Einkaufen und zu Ausflügen. Das war’s aber dann, über die Woche bleibt das Auto stehen und wir nutzen die öffentlichen Verkehrsmittel.
Wenn ich aber mit dem Wagen in der Stadt unterwegs bin, dann fallen mir immer wieder einige Heinis auf. Die überholen einen bei der ersten sich bietenden Möglichkeit, um dann Sekunden später an der nächsten roten Ampel direkt oder unweit vor mir zu stehen. Zugegeben, ich halte mich meistens an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit und verweigere es auch, schneller zu fahren, wenn der Verkehr es zulässt und andere vor mir schneller als erlaubt unterwegs sind. Nur weil andere in den Brunnen springen, werde ich es nicht tun. Das kann natürlich diese Heinis ärgern, auch wenn ich nicht langsamer als erlaubt unterwegs bin.
Aber ich frage mich in solchen Situationen immer, ob sich das ganze für sie lohnt? Einerseits werden sie, wenn überhaupt, nur einige Minuten früher an ihrem Ziel ankommen. In der Stadt sind große zeitliche Gewinne in dieser Form nicht möglich. Auf der Autobahn vielleicht, aber in der Stadt – wie oben beschrieben – wohl kaum. Zudem gefährden sie ihr Leben und das Leben anderer. Andererseits verschwenden sie damit vollkommen überflüssig Sprit. Nicht zu vergessen sind die sonstigen Abnutzungserscheinungen am Wagen infolge solch eines Fahrstils. Aber für solche Heinis ist dies sicherlich nicht wirklich von Bedeutung, das ist mir schon klar.

2013/04/18

Fuffzehn

Fünfzehn Jahre sind eine verdammt lange Zeit, oder? So lange habe ich mit etwa 8-10 Leuten gemeinsam jeden Mittwochabend Fußball gespielt. Mal anderthalb, mal zwei Stunden jede Woche, im Laufe der Jahre in diversen Sporthallen und auf verschiedenen Fußballplätzen. So ging das, wenn ich mich richtig erinnere, von 1997 an, als ich zu der Gruppe gestoßen bin, wobei der harte Kern noch zwei-drei Jahre länger zusammengespielt hat. Und das ganze dauerte bis zum Spätherbst des Vorjahres. Seitdem haben wir uns nicht mehr getroffen und nicht mehr gespielt.
Natürlich gab es im Laufe der Jahre einige, die unser Amateurteam verlassen haben, sei es verletzungsbedingt, oder weil ihnen die Lust vergangen ist, oder ganz einfach, weil angeblich die Zeit gefehlt hat. Aber es waren nicht viele. An ihre Stelle sind dann Freunde und Bekannte der Teamkollegen getreten und haben die Lücken ganz gut gefüllt. Und dann gab es auch andere, die zeitweise für kürzere oder längere Zeit weggegangen sind, um dann wieder zu uns zu stoßen und dort weiterzumachen, wo sie aufgehört haben.

Vor dem vorläufigen Schlussstrich im Spätherbst deuteten sich die Probleme natürlich schon an, die Sache ging nicht von heute auf morgen. Ein Platzwechsel, der nicht das Gelbe vom Ei war und etliche Organisationsschwierigkeiten bedeutete. Durststrecken im Sommer, als viele verreisten oder mit der Familie sein wollten und deshalb nicht kommen wollten. Ja, überhaupt Familien bei vier-fünf Spielern, erst eine Frau, dann ein Kind, dann zwei, was natürlich eine völlig andere Situation bedeutete, als noch als Student. Arbeit bei der Firma bis spät am Abend, was zu Beginn des Zusammenspielens ebenfalls noch nicht der Fall war. Ein zweiter Fußballabend von einigen, denen einmal pro Woche nicht genügte. Und schließlich der erneute Weggang von ein-zwei Mitspielern, die nicht mehr kommen konnten, oder dauerhaft ins Ausland gingen, um ihre Karriere dort fortzusetzen.

Und so kam es, dass wir uns seit dem Spätherbst nicht mehr gesehen, geschweige denn zusammen gespielt haben. Irgendwo fehlt wohl auch die Lust bei den meisten, nicht nur die Zeit. Wir sind schließlich in die Jahre gekommen, mal tut es hier ein bisschen weh, mal dort. Zudem fällt es einem immer schwerer, sich am Abend, nach getaner Arbeit, noch auf den Weg zu machen und ab acht Uhr anderthalb-zwei Stunden lang Fußball zu spielen, und am Donnerstagmorgen früh aufzustehen und zu arbeiten.
Nach Weihnachten gab es noch ein Aufbäumen, und wir haben alle zusammengeschrieben, wer wann Zeit hätte und spielen könnte, und wo wir einen neuen, besseren Fußballplatz finden könnten. Aber weiter sind wir dann doch nicht gekommen, einerseits, weil keiner so richtig organisieren wollte, und auch, weil wir nicht genügend Leute wären, um etwaige Durststrecken und den Sommer zu überstehen.

Die Möglichkeit ist natürlich noch gegeben und die Chancen bestehen noch, aber so wirklich glaube ich nicht mehr an eine Fortsetzung. Vor allem, weil ja der Sommer vor der Tür steht, wieder eine ungünstige Zeit für das Zusammenkommen. Vielleicht im Herbst wieder, aber da werden wir alle bereits wieder ein Stück älter und bequemer sein und als Familienväter und Arbeitskräfte noch mehr um die Ohren haben...