2022/12/31

Ade 2022

Das alte Jahr neigt sich langsam dem Ende zu, und in den kommenden Tagen und Wochen müssen wir uns wieder an eine neue Jahreszahl gewöhnen, was erfahrungsgemäß nicht gerade einfach wird.

2022 war natürlich geprägt vom Krieg in unserer Nachbarschaft. Es ist immer noch schwer zu verstehen, dass die Menschheit – oder zumindest bestimmte führende Politiker unserer Zeit – nichts aus der Vergangenheit gelernt haben und immer wieder zu alten Mustern zurückkehren. Schier unglaublich erscheint für mich aber auch die Blauäugigkeit, mit der andere Protagonisten auf der Bühne der Weltpolitik in den Tagen vor dem 24. Februar – trotz aller Bedenken, Geheimdienstinformationen und konkreten Anzeichen – seelenruhig zugesehen haben, wie die Russen vor ihrer „Spezialoperation“ nur eine „Truppenübung“ entlang der Grenze durchführten. Wollen wir hoffen, dass alle diese Taugenichtse im nächsten Jahr etwas härter für ihr Gehalt arbeiten, irgendeine Lösung in dieser derzeitigen vermeintlichen Pattsituation finden können und dieser Spuk für die Ukrainer, aber auch für uns möglichst bald vorbei ist.

Abgesehen davon war das heute zu Ende gehende Jahr für mich persönlich ein ziemlich gutes, muss ich sagen. Gesundheitlich ging es nach den Vorjahren weiter aufwärts, und trotz der vor der Pandemie üblichen Infektionen, die die Kinder vor den Feiertagen noch aus der Schule nach Hause geschleppt haben, können wir alle froh sein, wenn nun aus der Pandemie endlich eine Endemie wird. Möge es so verlaufen, trotz der aktuell schwierigen Infektionslage in China.

Beruflich habe ich in diesem Jahr, insbesondere in der zweiten Jahreshälfte versucht, kürzer zu treten und mir weniger Gedanken um Dinge zu machen. Einerseits ist das wohl etwas, was auch mit dem Älterwerden zusammenhängt: es wird schon irgendwie gehen, kein Grund sich andauernd den Kopf zu zerbrechen. Andererseits ist das auch eine bewusste Reaktion meinerseits auf unsere heutige Welt und auf meine persönlichen Lebensumstände. Ich versuche, den Stress – so gut es geht – von mir fernzuhalten und mich auf die wirklich wichtigen Dinge zu konzentrieren. Und einfach einen Tag nach dem nächsten zu leben – diese Strategie hat mir in diesem Jahr auch viel geholfen.

Schließlich habe ich 2022 auch in diesem Blog ein klein wenig mehr geschrieben und gepostet, als in den vergangenen beiden Jahren, und das will schon etwas heißen. Nun ja, zumindest ich bin mit mir in dieser Hinsicht ziemlich zufrieden, auch wenn es sicherlich noch mehr sein könnte. Ich bedanke mich somit bei allen Lesern dieses Blogs für das Mitlesen in diesem Jahr, wünsche euch einen guten Rutsch und alles Gute für 2023 und hoffe, dass wir uns im nächsten Jahr „wiederlesen“!

2022/12/20

In die weite Welt hinein

Ich gehöre nicht zu denen, die das vorgestern zu Ende gegangene Fußball-Turnier boykottiert haben. Natürlich ist wohl etwas dran, dass es bei der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft an Katar nicht mit rechten Dingen zugegangen ist, und auch, dass Dutzende Arbeiter während der Bauarbeiten dort ums Leben gekommen sind. Aber warum sollte ich mir deshalb meinen Spaß vermiesen lassen? Hätte ich kein Spiel geschaut und mich dem Boykott angeschlossen, wäre das meiner Ansicht nach gleichbedeutend gewesen mit einem Sack Reis, der in China umgefallen ist.

Besonders froh war ich darüber, dass wir mit den Jungs zu Hause das Finale am Sonntag gesehen haben. Auch, wenn dieses nicht von zwei Mannschaften ausgetragen wurde, die ich mir vor der WM vielleicht gewünscht hätte. Aber was das für ein Spiel war zwischen Argentinien und Frankreich! Mit großen Worten muss man -- vor allem im Hinblick auf zukünftige Ereignisse -- vorsichtig sein, aber im Grunde fehlt es mir an Superlativen. Besseres hätten wohl auch ein erfahrener Hollywood-Drehbuchautor und -Regisseur nicht zustande gebracht.

Einer unserer Jungs drückte Frankreich, einer Argentinien die Daumen, und ich diesmal ebenfalls den Südamerikanern. Einerseits, weil Frankreich gerade erst vor vier Jahren in den Genuss des Sieges gekommen ist, andererseits weil ich dem überragenden und sympathischen Lionel Messi den Titel mehr als gegönnt hätte und habe.

Was wir gesehen haben, war einfach phänomenal. Nicht nur wegen der Verlängerung und dem Elfmeterschießen, denn das kommt hin und wieder schon mal in Endspielen vor. Aber ich erinnere mich nur zu gut an etliche Finalspiele, die langweiliger nicht hätten sein können. Und in denen höchstens ein oder vielleicht gar kein Tor gefallen ist. Diesmal aber waren es beim 3:3 insgesamt sechs an der Zahl, davon zwei in der Verlängerung. Ein Spiel mit Hochs und Tiefs wie aus dem Bilderbuch. Zudem war es ein Traum, zwei Spielern wie Messi und Mbappé -- und wir sollten vielleicht auch noch Di María erwähnen -- zuzuschauen. Während im Fall der beiden Argentinier eine fantastische Karriere mit diesem überragenden Triumph langsam ausklingen wird, werden wir vom jungen Franzosen, der im Übrigen gerade am heutigen Tag erst 24 Jahre alt geworden ist, noch sehr viel sehen und hören -- zu unser aller Freude.

Das Spiel am Sonntag war also tatsächlich ein Traum für jeden Fußballfan. Vielleicht bin ich -- und sind viele mit mir -- auch deshalb so verzaubert von diesem diesjährigen Finale, weil es uns an unsere Kindheit und die Märchen unserer Kindheit erinnert. Der im wahrsten Sinne des Wortes kleine Leo, der hinauszog in die weite Welt, und dort nicht nur sein Glück gemacht, sondern am Ende des Märchens alles erreicht hat, was er erreichen konnte. Happy Ends sind so selten geworden in unserer heutigen Zeit, vor allem vor dem Hintergrund der vergangenen, von der Pandemie und vom Krieg geprägten Monate und Jahre. Ich glaube, dieses Fußballmärchen vom Sonntag hat deshalb so einen angenehm süßen Geschmack für viele von uns.