2012/11/30

Bitte, bitte lass mich...

Bei uns um die Ecke befindet sich ein Markt, wo wir wöchentlich einkaufen. Manchmal sogar zweimal die Woche. Heute war wieder einmal ein Besuch angesagt, und dabei habe ich eine interessante Szene beobachten können.
Unter anderem war ein fein gekleideter Herr dort unterwegs. Heller Anzug, dunkler Mantel, elegante schwarze Lackschuhe. Er war so um die sechzig Jahre alt, würde ich schätzen. Obwohl er ebenfalls auf dem Markt einkaufen war, trug er nichts in der Hand. Weder eine Einkaufstasche, noch ein Plastiksackerl, und er zog auch keinen Einkaufswagen hinter sich her.
Stattdessen konnte ich beobachten, dass ihm in einer Entfernung von ein-zwei Schritten ein weitaus einfacher bzw. schlechter gekleideter Mann folgte. An seiner nicht mehr ganz sauberen Jacke, seiner Mütze, seinen mittellangen, herunterhängenden Haaren und seinem unrasierten Gesicht konnte man ganz klar erkennen, dass er nicht ganz derselben sozialen Schicht entstammte, wie der vor ihm gehende Herr. In beiden Händen trug er eine große Einkaufstasche, vollgepackt mit diversen Lebensmitteln. Wie schwer die Sachen waren, konnte man auch an seiner gebückten Haltung erkennen.

Die Situation war für mich gleich beim ersten Hinsehen eindeutig. Ich denke, wir hatten es hier mit einem Diener zu tun. So, wie es sie früher bei den Aristokraten gab, ja vielleicht sogar heute noch gibt. Nur, dass der besagte feine Herr sicherlich kein Adeliger ist, denn die würden sicherlich nicht persönlich auf unserem Markt um die Ecke vorbeischauen.
Oder sollte ich im Zusammenhang mit unserem heutigen Erlebnis doch lieber von moderner Sklaverei reden? Nein, so weit möchte ich dann doch nicht gehen! Einerseits möchte ich hoffen, dass der hintere Mann für seine Dienste zumindest ein klein wenig Lohn bekommt und so zumindest etwas verdient. Andererseits habe ich nur einen Satz erhaschen können, den der feine Herr zu dem hinter ihm gehenden Mann gesagt hat. Dieser lässt jedoch darauf schließen, dass er seinen Helfer nicht allzu schlecht behandelt. „Komm, wir trinken noch ein Bier dort drüben, und dann gehen wir nach Hause“, sagte er, bevor ich sie aus den Augen verloren habe.

2012/11/22

Sie haben Post

Keine Frage, Facebook ist in aller Munde und heutzutage sehr trendig. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch viele, die sich nicht registrieren wollen, oder in jüngster Vergangenheit ganz einfach ihr Profil gelöscht haben. Datenkrake, großer Bruder und ähnliche Begriffe fallen in diesem Zusammenhang häufig.
Auch wenn man aber die Seite nutzt, gibt es zweifelsohne verschiedene Möglichkeiten, wie man sich dort verhält. Und wie so oft, kann man es auch in diesem Fall leicht übertreiben, denke ich. Wir alle kennen die Geschichten von hunderten geposteten Babyfotos, von den Urlaubsbildern ganz zu schweigen, deren wichtigstes Ziel es ist, allen zu zeigen, an welch tollen Orten man die Ferien verbracht hat.

Das jüngste Beispiel, das ich in den letzten Tagen nicht das erste Mal beobachtet habe, ist, dass Ehepaare über Facebook miteinander kommunizieren. Dabei denke ich nicht daran, dass etwas für die Allgemeinheit und somit auch für den Partner gepostet oder „geliked“ wird, sondern daran, dass bestimmte Nachrichten, Links, kurze Briefe direkt an den Partner gerichtet werden, aber für alle öffentlich einsehbar sind.
Auch im Falle von frisch Verliebten oder jungen Pärchen fände ich das seltsam, würde es aber womöglich den Hormonen zuschreiben und vielleicht darüber hinwegsehen. Wenn aber Leute Mitte oder Ende Dreißig das tun, die noch dazu verheiratet sind, dann frage ich mich wirklich, ob mit mir oder mit ihnen etwas nicht stimmt. Ob ich derart altmodisch bin, oder doch nicht.

Wobei „altmodisch“ ja auch ein relativer Begriff ist... Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass sich das Paar E-Mails schickt, wenn sie schon tagsüber nicht zusammen sein können, und auf diese Weise miteinander kommuniziert. Kein Problem, auch wenn viele der noch etwas älteren Generation auch das schon komisch finden würden. Oder sie schicken sich womöglich private Nachrichten über Facebook. Meinetwegen.
Aber ob die Kommunikation wirklich für jedermann einsehbar über die sozialen Medien erfolgen muss? Ich glaube, wie bereits gesagt, dass da etwas nicht stimmt, entweder mit ihnen oder mit mir. Aber vielleicht wird diese ganze Sache ja in einigen Jahren gang und gäbe sein. Wer weiß?

2012/11/19

Alle Jahre wieder

Am Wochenende war ich mit unserem Sohnemann spazieren, der in dieser Woche 18 Monate alt wird. Dabei haben wir auch einen Abstecher in einen nahe gelegenen Baumarkt gemacht, um uns ein wenig zu wärmen und uns umzusehen. Wie bekannt, steht ja Weihnachten vor der Tür, kein Wunder also, dass das ganze Geschäft weihnachtliche Stimmung verbreitete. Die Händler beginnen ja schon nach dem neuen Volksfest Halloween damit, den Weihnachtsschmuck ins Schaufenster zu stellen und die Läden weihnachtlich zu stimmen, um möglichst viel Geld in der mittlerweile zwei Monate langen Saison zu scheffeln.

Aber zurück zur Sache. Sohnemann ist natürlich noch etwas klein, um vom weihnachtlichen Getümmel etwas mitzubekommen, auch wenn er schon vieles versteht, sich vieles merkt und einige Worte auch schon spricht. Als wir jedoch so im Baumarkt herumspaziert sind, schwirrte doch in meinem Kopf herum, wie und wie lange man den weihnachtlichen Zauber überhaupt in unserer heutigen, von Konsum geprägten Welt aufrecht erhalten kann?
Früher standen in den Großstädten vielleicht ein-zwei Weihnachtsbäume auf öffentlichen Plätzen oder in großen Geschäften. Heute steht in fast jedem Laden ein geschmückter Baum. Und im Baumarkt standen zudem Kunststofftannen dicht an dicht nebeneinander. Da gab es grüne, weiße, ja sogar rosafarbene… Von den Weihnachtsmännern gar nicht erst zu sprechen!
Überall wird einem heute eingetrichtert, dass man schenken muss, es fällt einem fast gar nicht mehr auf, was alles auf einen einrieselt in der Vorweihnachtszeit – Bilder, Werbung, Durchsagen, Gesprächsfetzen usw. Doch Kinder sind da noch viel aufmerksamer, als wir. Und natürlich empfindlicher.

So langsam müssen wir uns Gedanken machen, was wir unserem Sohnemann über Weihnachten erzählen und vermitteln. Auch schon im Laufe des nächsten Monats, aber nächstes Jahr wird er noch viel, viel mehr mitbekommen. Vielleicht sogar schon etliche Fragen stellen. Auch dies ist, wie so vieles, keine leichte Aufgabe in unserer Zeit...