2010/03/29

Karteileiche

Ein Hauch von Nostalgie. So könnte ich das Gefühl beschreiben, als ich mich heute nach sechseinhalb Jahren wieder in der alten Universitätsbibliothek eingeschrieben habe. Angesichts der bevorstehenden laufenden wissenschaftlichen Arbeit habe ich mich entschieden, dort wieder aufzukreuzen, um mir einige Bücher auszuleihen, die hilfreich sein könnten.
Wobei das „dort“ in diesem Fall bereits ein anderes Gebäude und einen anderen Ort bedeutet, als wo ich vor mehr als sechs Jahren, am vorläufigen Ende meiner Universitätsstudien, meinen Bibliotheksausweis abgegeben habe. Trotzdem hatte ich heute ein komisches, schwer zu beschreibendes Gefühl, als ich dort eintrat. Und  noch mehr, als man mir sagte, ich sei immer noch im System registriert – quasi als eine Art Karteileiche. Da erinnert man sich unweigerlich an manches, was einem dort während der fünf Jahre widerfahren ist, wen man dort getroffen, was man dort gehört hat usw.
Es ist nicht so, dass ich seither in keiner Bibliothek gewesen bin. Nein. Ich bin auch noch in einer anderen Bibliothek eingeschrieben, aber es hat den Anschein,  als ob die ehemalige Universitätsbibliothek doch etwas anderes war und ist. Es waren fünf Jahre, in denen wir dort viel lesen, notieren und kopieren mussten. Oft wünschte man sich, man wäre endlich fertig und weit weg, aber manchmal war es ein Ort, an dem man gerne war. Ein Ort der Stille, wo man nur flüsternd miteinander sprach, wo man sich dem Tohuwabohu der Welt für ein-zwei Stunden entziehen konnte. Und ein Ort, der einem manchmal auch ein Aha-Erlebnis bot und den Startpunkt oder eine wichtige Station von einigen überaus gelungenen wissenschaftlichen Arbeiten bedeutete. Ja, so war es und so wird es immer sein...

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