2011/09/04

Wiener Schmäh

Die Bibel und Sprachen haben ja seit jeher eine enge Beziehung zueinander. Wenn man aber die Beziehung zwischen der Bibel und dem Wienerischen anspricht, so gucken zuerst einmal alle doof aus der Wäsche, würde ich einmal behaupten.

Genau dieses Unterfangen wurde aber vom 1999 verstorbenen Schriftsteller und Kabarettisten Wolfgang Teuschl bereits 1971 in seinem Werk Da Jesus & seine Hawara verwirklicht. Das Buch trägt den Untertitel Das Neue Testament im Wiener Dialekt. Hier werden die wichtigsten Ereignisse aus dem Leben Jesu vorgestellt – und ins Wienerische übertragen. Dabei geht es nicht nur um eine rein sprachliche Übertragung, sondern – wie der Titel schon vermuten lässt – auch um eine Anpassung an den Stil und die Lebensweise der Wiener. Kein Wunder, dass das Werk beim Erscheinen die Gemüter erregte.

Ein Beispiel gefällig? Die folgende Stelle im Matthäus-Evangelium:

Von der Kraft des Betens

Bittet, und es wird euch gegeben werden. Suchet, und ihr werdet finden. Klopfet an, und es wird euch aufgetan werden.

lautet bei Teuschl wie folgt:

Wos ma mi n Bätn oes bokd

Sogz oewäu bitschee, daun weaz griang, wos s eich wintschz. Suachz, und oes wiad si fintn. Leiz au, und d Leid wean eich aufmochn.


also in etwa:

Was man mit dem Beten alles packt

Sagt alleweil bitte schön, dann werdet ihr kriegen, was ihr euch wünscht. Sucht, und alles wird sich finden. Läutet an, und die Leute werden euch aufmachen.

Ich glaube, auch daraus ist ersichtlich, was man von diesem Buch zu erwarten hat. Zum Glück wird neben der Dialektversion auch parallel das Original abgedruckt, sodass man dem Text leicht folgen kann, auch wenn man mal einige Wörter nicht versteht. Zudem findet sich im Anhang auch ein kleines Dialektwörterbuch zum Nachschlagen der wichtigsten verwendeten Begriffe.

Für jemanden, wie mich, der acht Jahre lang in Wien gelebt hat, war das Lesen des Buches ein Vergnügen. Man darf das ganze nicht allzu ernst nehmen und muss es als Kunst auffassen. Zudem muss man natürlich sagen, dass das Buch nicht so von vorne bis zum Ende durchgelesen werden kann, wie ein Roman. Dazu ist es einerseits viel zu anstrengend für einen nicht gebürtigen Wiener, andererseits erreicht man nach einigen Seiten auch einen gewissen „Sättigungsgrad“ und schaltet ab, oder verirrt sich immer öfter auf die Parallelseite mit dem Originaltext.

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