2010/05/20

Die Liebe seines Lebens!?

Auf der Suche nach neuem Lesestoff bin ich in meinen Erinnerungen – sozusagen in meiner virtuellen Leseliste – auf den Roman Der Vorleser von Bernhard Schlink gestoßen, der von der Kritik seit seinem Erscheinen im Jahre 1995 hoch gelobt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde.

Die Geschichte handelt von der eigenartigen Beziehung des Jungen Michael, der mit 15 Jahren eine wesentlich ältere Frau kennen lernt und mit ihr nicht nur eine Liebesbeziehung, aber auch eine Art intellektuelle eingeht, indem er ihr regelmäßig diverse Werke aus der Weltliteratur vorliest. Eines Tages verschwindet Hanna, das Objekt seiner Begierde, urplötzlich. Der inzwischen erwachsen gewordene Jurastudent Michael trifft sie einige Jahre später wieder – nunmehr jedoch in einer völlig anderen Situation, als damals, nämlich vor Gericht.

Das etwa zweihundert Seiten lange Werk, das in einer einfachen, präzisen Sprache gehalten ist und sich auch deshalb recht flott liest, hat mich erst nach und nach in seinen Bann gezogen. Während ich im ersten Teil des Buches nicht wirklich gewusst habe, worauf der Autor hinaus will und wovon der Rest handeln wird, offenbaren sich einem ab dem Verschwinden Hannas immer mehr Details, die Bernhard Schlink geschickt dosiert. Auf diese Weise bleibt die Spannung bis zuletzt enthalten – und die Reihe der immer neuen Wendungen setzt sich bis zum Schluss fort.

Zudem wirft das Werk zahlreiche Fragen und Gedanken auf, die einen zum Grübeln bringen. Einerseits natürlich angesichts der Liebesbeziehung zwischen Michael und der bedeutend älteren Hanna, andererseits aber auch im Zusammenhang mit der Gerichtsverhandlung und dem „früheren Leben“ Hannas, über das der Junge nichts gewusst hat.

Alles in allem hat mir das Buch von Bernhard Schlink gut gefallen. Ich hatte beim Lesen eine Assoziation zu einem Werk, das ich schon vor Jahren gelesen hatte und das zu einem meiner Lieblingsbücher avanciert ist: Der Tod ist mein Beruf von Robert Merle. Einerseits wegen der Ähnlichkeit des Themas, andererseits aber auch, weil Schlinks Werk mit den immer neueren Details über Hannas Leben ähnliche Gefühle bei mir weckte.
So eine große Wirkung wie Merles Roman hatte Der Vorleser zwar nicht auf mich, aber insgesamt halte ich es für ein überaus gelungenes Stück Literatur, das den Lobreden tatsächlich gerecht wird und das ich später gerne noch einmal lesen werde, um dabei auf noch mehr Details achten zu können.

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