2013/05/17

Der Tag, an dem die Erde stillstand

So ziemlich genau fünf Monate hat es gedauert, bis ich nun vor einigen Tagen mein jüngstes Leseerlebnis beendet habe. So lange ist es her, dass ich den vorigen Roman beendet und diesen Neuen begonnen habe. Eine ziemlich lange Zeit, aber mangels der notwendigen Freizeit sowie infolge des Familienzuwachses und der Länge des Werks ist diese Tatsache im Grunde überhaupt nicht überraschend.
Denn der Roman 11/22/63 von Stephen King (in der deutschen Übersetzung trägt er den Titel Der Anschlag) ist im amerikanischen Original etwa 850 Seiten lang. Also wieder einmal ein Wälzer vom Meister, den ich zum überwiegenden Teil in den öffentlichen Verkehrsmitteln gelesen habe, da zu Hause oder anderswo fast keine Zeit dafür blieb.

Die Handlung ist im Grunde schnell erzählt, auch wenn es natürlich unmöglich ist, hier die vielen Details zu präsentieren. Ein Englischlehrer namens Jake Epping reist mit Hilfe seines todkranken Freundes Al Templeton zurück in die Vergangenheit. Letzterer beauftragt ihn nämlich mit der schweren Aufgabe, das Attentat auf JFK in Dallas zu vereiteln und damit die Weltgeschichte nachträglich zu verändern. Jake baut in der Vergangenheit eine neue Identität und quasi ein neues Leben auf, und deshalb beeinflussen ihn viele Ereignisse in der Verwirklichung seines Plans. Ob und wie ihm die Sache gelingt und welche Konsequenzen dies hat, sei hier natürlich nicht verraten.

Der Roman, der – wie einige weitere Werke Kings der jüngsten Vergangenheit – auch die meisten Kritiker davon überzeugen konnte, dass er bei Weitem kein (reiner) Schriftsteller des Genres Horror ist, spiegelt auf beeindruckende Weise das Leben der fünfziger und sechziger Jahre in den USA wider. Natürlich versteht man als Europäer nicht alle Referenzen und kennt nicht alle Ereignisse, auf die er Bezug nimmt, aber das ganze Werk zeigt deutlich, welch große Recherche von King und ein-zwei seiner Freunde, Kollegen dahinter steckt.
All dies wird natürlich – wie auch im Nachwort ausdrücklich erwähnt – nicht so präsentiert, wie es in den Geschichtsbüchern steht oder passiert ist. Hier und da nimmt sich nämlich der Autor die Freiheit und verändert Begebenheiten, Zeitpunkte und Details, so wie es sich für einen waschechten Science-Fiction-Roman gehört.

Auf diese Weise offenbart sich eine bemerkenswerte Mischung von Realität und Fiktion, und das ganze wird sicherlich viel unterhaltsamer und lässt sich leichter lesen, als ein historischer Tatsachenbericht über die damaligen Ereignisse.
Schon allein deshalb, weil der Großteil des Romans nicht den Anschlag selbst, sondern das Leben des Attentäters Lee Harvey Oswald und das neue Leben Jake Eppings aufzeigt, bis sich die Handlung zuspitzt und wir gegen Ende des Werk mit den Ereignissen des 22. November 1963 konfrontiert werden.
Alles in allem waren es sehr unterhaltsame fünf Monate, und es tut mir nur irgendwie leid, dass ich nicht zügiger vorankommen konnte. Dann hätte ich nämlich die erzählte Geschichte noch mehr genossen. Auf jeden Fall ist auch das ein Grund dafür, auch dieses Buch irgendwann ein zweites Mal zu lesen.

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