Neulich habe ich unweigerlich ein kurzes Gespräch einer Bekannten mit einer anderen mitgehört. Die beiden standen direkt neben mir, sodass ich ihre Worte einerseits nicht überhören konnte. Andererseits ging es – wie das beim Smalltalk so üblich ist – lediglich um Belanglosigkeiten. Und um eine genau solche Belanglosigkeit soll es auch in diesem Beitrag gehen.
Die erwähnte Bekannte ist eine geschiedene Frau mit Kindern und geht langsam, aber sicher auf die Sechzig zu. Sie hat in ihrem Beruf quasi alles erreicht, was möglich ist und könnte sich theoretisch auf ihren Lorbeeren ausruhen. Der Preis für all das dürfte jedoch ziemlich hoch gewesen sein. Dass ihre Ehe (auch) wegen ihrer persönlichen Ambitionen scheiterte, kann ich aus unserer Bekanntschaft nur erahnen. Aber ihre Worte im besagten Gespräch sprechen auf jeden Fall Bände.
Auf die Frage der Gesprächspartnerin, wie es ihr denn gehe, antwortete die Bekannte nämlich unter anderem kurz und ziemlich bedröppelt: Sie hätte viel zu tun, und es wäre ein Jammer, dass das Leben an uns so vorbeiziehe und wir fast nie innehalten könnten, um das Leben einfach mal zu genießen.
Trotz aller Empathie für sie und ihre Situation muss ich sagen: Ihre Worte waren Balsam für meine Seele. Sie bestärkten mich nämlich darin, dass ich alles richtig gemacht habe und mache. Überdurchschnittlicher beruflicher Erfolg, hohe und vor allem Führungspositionen erfordern nicht nur bis zum Augenblick ihres Erringens Kraft, Disziplin und Arbeit. Einmal oben angekommen wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts mit dem Ausruhen auf den Lorbeeren. Schließlich muss man einerseits sich und den anderen stets beweisen, dass man nicht zufällig dort ist, wo man gerade ist. Andererseits geht das auch mit Aufgaben und Verpflichtungen einher, die man notgedrungen nicht zurückweisen kann.
Jedem das seine, wie man so schön sagt. Für mich wäre das – trotz diverser bisheriger beruflicher Erfolge und erreichter Ziele – mit Sicherheit nichts. Dafür sind mir meine Ruhe, mein innerer Frieden, mein Privatleben und meine Freizeit viel zu wichtig. Aber zum Glück denken wir ja nicht alle gleich. Die Prioritäten der erwähnten Bekanntschaft sind andere, und sie nimmt dafür den entsprechenden Preis, nämlich ihren Seelenfrieden, ganz einfach in Kauf. Mich wiederum motiviert ihre jüngst mitgehörte resignierte Aussage. Es scheint, als ob ich alles richtig gemacht hätte.
"Immerhin hatte der sparsame Karl Albrecht zu seinem 90. Geburtstag Gäste eingeladen. Bei der Ansprache allerdings, gab er sich geizig. Er sagte nur drei Sätze: "Ich wollte nicht, dass ihr alle kommt. Ich habe Hunger. Ich gehe bald wieder nach Hause."
AntwortenLöschen... da fragt man sich doch, möchte ich ein Leben leben, welches mich solche Dinge sagen lässt?
Gruß, Jens